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Aktuelle Rechtsprechung
Da in dieser Woche keine aktuellen Entscheidungen des BFH veröffentlicht wurden, haben wir für Sie ein BFH Urteil aus der vergangenen Woche in ausführlicher Form aufbereitet. Das Urteil betraf den Dauerbrenner § 14c Abs. 1 S. 1 UStG – den unrichtigen Steuerausweis (BFH, V R 16/22). Des Weiteren möchten wir auf zwei weitere beim BFH anhängige Verfahren zum sog. Reemtsma-Direktanspruch sowie zum Vertrauensschutz bei innergemeinschaftlichen Lieferungen aufmerksam machen. Abschließend weisen wir Sie auf ein beim Europäischen Gericht anhängiges Verfahren zur Vereinfachungsregelung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts hin (EuG, T-646/24).

BFH Urteil vom 05. Dezember 2024, V R 16/22;
veröffentlicht am 27.02.2025
- Keine Haftung des Grundstückerwerbers für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen
Sachverhalt
- Klägerin erstand im Jahr 2013 im Rahmen eines Zwangs- versteigerungsvefahrens ein mit einem Bürogebäude bebautes Grundstück, welches größtenteils vermietet war
- In Mietverträgen nebst Kontoauszügen waren die monatlichen Nettokaltmieten, die sonstigen Kostenvorschüsse und die USt auf diese Beträge mit Zusatz „+ 19 % Mehrwertsteuer“ benannt
- Klägerin behandelte in ihrer USt-Erklärung 2013 die Umsätze aus der Vermietung an die Fachklinik H, die Physiotherapiepraxis A und an die Wohnungs-baugesellschaft als steuerfrei
- Beklagte (FA) vertrat die Auffassung, die Klägerin schulde die in den Mietverträgen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG
- Das FG entschied zu Gunsten des FA, woraufhin die Klägerin Revision einlegte
Entscheidung
- Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG setzt ein Mitwirken dieser Person an der Erstellung der Rechnung oder eine anderweitige Zurechnung der Ausstellung (u.a. Stellvertretung) voraus. Ein vom Voreigentümer unrichtiger Steuerausweis wird dem Grundstückserwerber nicht zugerechnet.
- Klägerin hatte die Steuerbeträge nicht selbst im eigenen Namen unrichtig ausgewiesen – sondern der Voreigentümer im eigenen Namen
- Keine Zurechnung eines unrichtigen Steuerausweises aufgrund von § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB
- BFH stellte auch klar, dass keine Zurechnung aufgrund der Rechtsnachfolge im Rahmen einer Geschäftsver-äußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) vorliegen kann
- Übertragungsgegenstand wäre vorliegend der vermietete Grundbesitz; ein unrichtiger Steuerausweis in den Mietverträgen gehört nicht zu den übertragenen Wirtschaftsgütern, auf die sich Einzelrechtsnachfolge bezieht
Praxishinweise
- Der BFH ließ offen, ob der Voreigentümer aufgrund seiner Handlungsweise die ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet. Allerdings wohlmöglich dann nach § 14c Abs. 2 UStG (unberechtigter Steuerausweis). Schließlich ist der Voreigentümer nicht mehr Leistender.
- Es ist zu erwarten, dass beim für den Voreigentümer erforderlichen Berichtigungsverfahren Probleme auftreten werden. Das Mietverhältnis ist auf den neuen Eigentümer übergegangen
- In der Praxis empfiehlt sich vor Erwerb eine genaue Prüfung der Unterlagen (Due Dilligence).
Anhängige Verfahren beim BFH
Vertrauensschutz bei fehlender Gelangensbestätigung?
(Az. BFH, V R 3/25; vorgehend FG Hessen Urt. v. 01.07.2024, 1 K 1247/21)
- Ist maßgebender Zeitpunkt für Bildung des Vertrauensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG beim Lieferanten im Abholfall einer Ware der Zeitpunkt der Lieferung der Ware (Entstehung der Steuerschuld?)
- Kann auch dann, wenn alle Tatbestandsmerkmale des § 6a Abs. 4 UStG erfüllt sind, dem Lieferanten der Vertrauensschutz versagt werden, wenn ihm der Abnehmer im Abholfall keine Gelangensbestätigung zurückschickt?
Direktanspruch in der Umsatzsteuer
(Az. BFH, XI R 27/24; vorgehend FG Niedersachsen Urt. v. 15.08.2024, 5 K 40/22)
- FG spricht der Klägerin einen Direktanspruch bei verjährtem Rückforderungsanspruch aufgrund eines fehlerhaften USt-Ausweises in Rechnungen sowie nach Löschung des Leistenden (einer GmbH) wegen Vermögenslosigkeit zu
- Revision anhängig
Anhängiges Verfahren beim EuG
Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft und Auffangerwerb
(Az. EuG, T-646/24)
- Anwendbarkeit des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (igD) bei mehr als drei Beteiligten?
- Dem streitgegenständlichen Sachverhalt liegt ein Reihengeschäft zugrunde, indem der erste Lieferer (DE) an einen slowenischen Abnehmer (SI), der nachfolgend an einen dänischen Abnehmer (DK 1) (Missing Trader) lieferte, welcher wiederum an einen weiteren dänischen Abnehmer (DK 2) lieferte
- Der physische Warentransport erfolgte von DE an DK 2
- Der EuG hat in dem Vorlageverfahren zu entscheiden, ob SI die Vereinfachungsregelung des innergemeinschaft-lichen Dreiecksgeschäft (Art. 141 MwStSystRL) zu Recht in Anspruch nehmen konnte oder SI in Slowenien aufgrund der Verwendung der SI-USt-IdNr. gegenüber DE einen sog. Auffangerwerb nach Art. 41 MwStSystRL (§ 3d Satz 2 UStG) verwirklichte bzw. ob eine Kenntnis über die Missing Trader Eigenschaft dem entgegensteht
- Zu Fragen des Auffangerwerbs ist bereits ein weiteres Verfahren aus Österreich beim EuG (T-638/24) anhängig
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